Paul Heinrich

Der Sprachspiegler - zwischen Krieg, Frieden und Gin

 

Paul Heinrich schreibt seit er ein großes Kind ist. Man hört diese lange Beschäftigung in seiner intensiven Sprache. Er lebt am See gegenüber von Konstanz.

 

Er wundert sich über die Welt und die Menschen. Deshalb schreibt er. Ganz im Sinne Charles  Bukowskis war es für sein Schreiben nie ein Anlass, ob ein Verlag interessiert war oder nicht.  Das hat ihn nie gehindert.

 

 

 

Eine andere, lyrische Form der alltäglichen Tragik

Warum der Autor nicht nur als Autor arbeitete?

 

Geboren 1969 im Westfälischen nahe Tecklenburg. Mit zwölf, dreizehn Jahren begann er zu schreiben, erinnert er sich. Nach Abitur und Wanderjahren in Kiel und Osnabrück  fühlte er sich nur am Schreibtisch zu Hause. Neben dem einsamen Schreiben hat ihn immer das Soziale beschäftigt und so hat er seinen Beruf in einem sozialen Projekt gefunden, der mit dem literarischen Schreiben nicht viel zu tun hatte, aber mit dem Leben. Paul Heinrich hat nie einen geraden Weg gewollt.

 

Der Pop-Poet starb überraschend im März 2023.

 

  • Im Januar 2008 wurden erstmals Texte im Nachttischbuch-Verlag veröffentlicht: inne halten.
  • Im Januar 2009 erschien der Fortsetzungsband: tellerrandwärts.
  • Im Januar 2010 rundete Paul Heinrich seine Trilogie mit nach Tisch ab.
  • Im November 2012 nimmt er Fäden aus diesen Gedichtbänden wieder auf - in einer Hommage an das berühmteste Findelkind aller Zeiten: Hauser.
  • Im August 2015 nach langer Gedankenpause, ordnete und verwob Paul Heinrich die Fäden aus seinen Gedichtbänden neu, er nahm wieder auf, was vergessen schien - und doch allmählich an den Tag kam: gegen Mittag heißt der konzentrierte, fünfte Lyrikband des einzigartigen Autors.

Sie können  alle fünf Gedichtbände von Paul Heinrich einzeln oder zusammen hier online bestellen.

 

Jedes der Bücher wird eigens für Sie umgehend gedruckt. Das Exemplar bekommen Sie portofrei von unserem Vertriebspartner Books on Demand zugeschickt.

 

 

 

 

 

Wer die Aufs und Abs kennt ...

Der Autor im Spiegel seines Schreibens

 

Wenn die Tage so vergehen und weder Beginn noch Anfang erkennbar scheinen, dann wird für mancheinen der Blick vom Alkohol getrübt. Die Sicht über leere Flaschen hinweg auf die Welt sagt allerdings über das Kleine in der Umgebung weniger als vielmehr über die Kleinheit des Großenganzen. Das muss man nur aussprechen können ohne Lallen - sich und anderen.


Paul Heinrich ist einer, der es ohne Gin hochprozentig kann. Seine Gedichte erzählen von der Einsamkeit, die mit dem Gefühl kommt, nicht allein auf der Welt zu sein - auch wenn sich alle anderen so aufführen als wären sie es.

In zerbrechlichen Schilderungen drastischer Situationen der Verzweiflung beleuchten sie den absurden Widerspruch, dass ausgerechnet ein scheinbarer Außenseiter inmitten der geleugneten Zusammenhänge ersäuft, über die gemeinhin süffig hinweggegangen wird. Paul Heinrich ist ein Moralist ohne moralin zu schreiben.

In einem Gedicht schreibt Paul Heinrich:


Als ich noch Bedenken hatte


so das Fühlen selbst ein Spiegel ist/ oder auch nur Umkehr dessen was ist/ mit uns oder eben nicht/ uns berührt oder wir es gerne würden/ so wir nicht in der Lage sind/ zu lieben und doch Kriege führen/Kinder zeugen um uns zu verlassen/ in Weiß die Lüge sprechen/ ihr im Totenhemd entrinnen/ oder mit zwei Koffern das Weite suchen/ nicht mal ein Bild in der Tasche/ also was könnte schlimmer sein/ als das Glas zu nehmen/  im rechten Licht und in Tränen aufgelöst/ darum zu bitten/ dass alles nur ein billiger Trick ist


 

 

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Wer das Hin und Her verneint ...

Der Autor auf seinem Weg

 

Der erste Gedichtband von Paul Heinrich bot eine sprachliche Klarheit, die nicht nur Kritiker begeisterte: inne halten  war zwar vordergründig von Kummer und Kater am Mittag geprägt, doch der Halt innen verstörte. Es war keine Innerlichkeitslyrik, sondern feinnervige Abrechnung mit angenehmen Lebenslügen.

Davon handelte auch die Fortsetzung: tellerrandwärts. Vielleicht kann inzwischen nur einer wie Paul Heinrich dies mit dem Abstand präzise besehen und beschreiben. Ihm entgeht nicht, dass viele es gelernt haben zu schwimmen ohne Wellen zu machen.


Schwimmen ohne Wellen


Menschen verdorren nicht mehr am Wegesrand
sie gehen wimmernd in Flammen auf
und vom Mittelstreifen siehst Du nichts
für endlose Meilen
bis ein weiterer Kontinent Dich ins Meer verabschiedet

 

Paul Heinrichs Trilogie rundete sich 2010 mit nach Tisch. Darin setzte er die Selbstbetrachtungen der vorangegangenen Bände fort, beispielsweise den Zyklus Loch im Dach überm Kühlschrank. Aber Paul Heinrich ging weiter, noch radikaler nach innen - zu seiner Liebe, seinen Ängsten und Sehnsüchten.


Exil II


lass mich an deinem Hals
verweilen und an deinen Schenkeln
bis durstig mein Hals
zu schmerzen beginnt


lass mich tagelang
deinen Duft
auf der Zunge haben
und lass mich hier zurück


 

Am Ende allen Hin und Hers

Eine Hommage an Kaspar Hauser

 

Nach seiner Trilogie suchte Paul Heinrich weitere sprachliche und gedankliche Klarheit, die er bei seinem Begleiter seit jungen Jahren fand: Kaspar Hauser. Doch anders als in seinen vorangegangenen Gedichten suchte Paul Heinrich das verstörend andere auch in der Geschichte - der Gedichtband enthält so eine kurze Aufführung der Fakten, die die "bekannten Jahre" Hausers grob, aber treffend umgreifen.



Kaum eine andere Person der deutschen Geschichte birgt so viele Geheimnisse wie das weltbekannte Findelkind Kaspar Hauser. Paul Heinrich beginnt seine Spurensuche daher bei uns Lesern:


wir


zwischen den Jahren
1812 und 1833
liegt der Hund begraben
auf den wir kamen

 

Paul Heinrichs Trilogie rundete sich 2010 mit nach Tisch. Nun sah er nach, was denn da beispielsweise "vom Tisch gewischt" wurde. Denn nur wenige Biographien sind so überstrahlt und verklärt von schrecklichen Vorkommnissen und ungenauen Überlieferungen, ja möglicherweise sogar böswilligen Verformungen wie die kurze Lebensgeschichte von Kaspar Hauser.


Er wurde 1812 geboren, verstarb jedoch wenige Tage später.  Doch nach sechzehn Jahren tauchte ein Knabe auf, der der Thronfolger des badischen Fürstenhauses hätte sein können - und damit ein bedeutsamer Herrscher im nicht nur seinerzeit instabilen Europa. Dieser Findling wurde umfassend untersucht, ehrfürchtig erzogen und so für kurze Zeit ins Leben der damaligen Zeit geführt. Doch schon bald starb er an Stichwunden - ob es Mord war oder Selbstmord, ist strittig wie alles andere.


Paul Heinrich nimmt in Hauser die Fäden seiner Trilogie auf, indem er sich dem Mythos vom "Wolfskind" von vielen Seiten nähert und damit nicht vergisst, dass wir zu wenig Antworten kennen, um Fragen auch nach zweihundert Jahren zu ignorieren. Paul Heinrich schreibt beispielsweise auf Seite 64:


wir sind


die Welt steht in gewisser Weise still
seit du da warst
uns deine Aufwartung gemacht hast
und zurückgelassen hast

benehmen wir uns ungelenk
sind holprig mit den Worten
und ungern gestehen wir ein
das Kind, das wir sind

sehen wir davon ab
dass du deine Jahren gegeben hast
trotz aller Verhinderung
in den klarsten Worten



Am Ende bleibt nur der Anfang ...

Eine Hommage an die Liebe und das Leben

 

Nach seiner Gedicht-Trilogie mit den Buchtiteln inne halten, tellerrandwärts und nach Tisch suchte Paul Heinrich weitere sprachliche und gedankliche Klarheit, die er bei seinen Begleitern in der Musik und an seiner Seite jahrelang fand - und doch inzwischen vermisst. Denn sie zogen fort oder verstarben oder wurden Teil einer endlosen Plattensammlung.

 

Doch anders als in seinen vorangegangenen Gedichten mit den sehnsuchtsvoll wiederkehrenden Leitmotiven, suchte Paul Heinrich das Verstörende im Alltag, das uns so unruhig macht, vor allem bei sich selbst und dem oft unmerklichen Wandel der Dinge und der Zeit, die nun in anderem Lichte scheint: gegen Mittag. Die Tage wollen anders bewältigt werden. Paul Heinrich beginnt seine Gedankengänge bei uns Lesern:

 

sitzen

 

man hat an manchem Tag den Eindruck
dass es nur darauf ankommt, wie man
den Arsch auf der Stuhlkante platziert
die Beine übereinander legt
und den richtigen Moment erwischt
den Worten zu lauschen
überlässt man dem Papier
 

 

 

Mehr vom Autoren "Paul Heinrich" erfahren Sie zusammengefasst bei Wikipedia. Früher hieß es, Papier sei geduldig. Heute ist es das Internet, das den Tod nicht kennt.
 

 
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